Das von Prof. Zieren mitentwickelte PIPAC-Verfahren (pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy) wird mit der klassischen HIPEC-Behandlung (hypertherme intraperitoneale Chemoperfusion) verbunden. „Bei PIPAC wird per Schlüsselloch-Technik gearbeitet: Unter Hochdruck wird der Chemo-Wirkstoff in einen Nebel verwandelt und im Bauchraum versprüht. Dadurch sind die Tröpfchen besonders fein, verteilen sich gleichmäßig und dringen tief in das Bauchfell ein. So landet der Wirkstoff auch bei kleinsten Tumoren, die sich chirurgisch nur schlecht entfernen lassen“, erklärt Prof. Zieren.
Bislang wird die PIPAC-Methode vor allem dann angewendet, wenn der Krebs weit fortgeschritten ist und die herkömmliche Therapie nicht mehr anschlägt. Diese Patienten mit der Diagnose „unheilbar“ befinden sich im Endstadium der Krankheit, es werden also lindernde Maßnahmen durchgeführt. „Einige Patienten, die wir mit PIPAC behandelt haben, sprechen darauf aber so gut an, dass sie mit dem Standard-Verfahren behandelt und potenziell geheilt werden können“, so Prof. Zieren.
PIPAC ist dank Schlüsselloch-OP schonender für den Patienten
Die herkömmliche Standardtherapie besteht aus einer über die Blutbahn verabreichten Chemotherapie, kombiniert mit dem HIPEC-Verfahren, bei dem der Bauchraum nach der chirurgischen Entfernung der sichtbaren Tumoren mit einer auf 42 Grad erwärmten Chemotherapie-Lösung gespült wird. Diese Therapie ist kurativ, also potenziell heilend. Die Nachteile der in die Vene verabreichten Chemotherapie: Das Bauchfell selber wird nur über haarfeine Gefäße mit Blut versorgt, weshalb von der intravenösen Chemotherapie wenig Wirkstoff dort ankommt. Bei der HIPEC-Methode landet der Wirkstoff zwar direkt im Bauchraum, für die chirurgische Tumor-Entfernung im Vorfeld ist allerdings eine aufwändige OP nötig, was ein Risiko für geschwächte Patienten darstellt.
Die minimal-invasive PIPAC-Methode ist schonender für den Patienten. Der Eingriff wird dreimal im Abstand von je sechs Wochen wiederholt und entspricht modernen Schlüssellochoperationen wie Blinddarm- oder Gallen-OP. In dieser Zeit sprechen die Tumoren in 70% der Fälle auf die Therapie an.
Da eine breit angelegte Studie mit zwei Vergleichsgruppen bislang noch aussteht, wird PIPAC nicht standardmäßig durchgeführt, sondern gilt als sogenannter „individueller Heilversuch“ und wird nur nach strenger Prüfung des Behandlungsfalls in einer Tumorkonferenz mit allen Fachdisziplinen empfohlen. Der Stellenwert der PIPAC in der Behandlung des Bauchfellkrebses wird zurzeit in zahlreichen internationalen Studien untersucht, an denen sich das Bauchfellzentrum Dortmund aktiv beteiligt.
Wichtig für den Behandlungserfolg: ein renommiertes Zentrum
PIPAC wird mittlerweile an etwa 15 Standorten in Deutschland angeboten. Prof. Zieren: „Patienten sollten für die bestmögliche Behandlung unbedingt ein renommiertes Zentrum mit umfangreicher individueller chirurgischer Erfahrung aufsuchen. Untersuchungen haben klar gezeigt, dass die Prognose von Patienten mit Bauchfellkrebs eindeutig auch von der operativen Erfahrung des Chirurgen abhängt. Aus diesem Grunde haben wir im Klinikum Dortmund die Behandlungskompetenz in einem Zentrum gebündelt. Technisch ist das Verfahren zwar unkompliziert – die Herausforderung ist jedoch die Indikation, also die Frage, welcher Patient von PIPAC profitieren könnte und wie es nach der Behandlung weitergeht.“ Weil Patienten mit Bauchfellkrebs häufig weitere begleitende medizinische Probleme haben, ist nach Ansicht von Prof. Zieren die Behandlung in einem Klinikum der Maximalversorgung ein entscheidender Faktor.
Das Klinikum Dortmund bildet mit 17 Fachabteilungen das größte nicht-universitäre Krebszentrum in NRW und genießt auch überregional einen hervorragenden Ruf in der Behandlung komplizierter und fortgeschrittener Tumorerkrankungen.
Wissenswertes zum Thema Bauchfellkrebs
In der öffentlichen Wahrnehmung findet Bauchfellkrebs wenig Beachtung. Dabei ist er mit 20.000 Fällen in Deutschland pro Jahr häufiger als z.B. Magenkrebs. Man spricht bei Bauchfellkrebs von einer „infausten“, also ungünstigen Prognose: 50% der Erkrankten leben nach der Diagnose noch sechs Monate. Häufig ist das Bauchfell anfangs nicht selbst befallen, meist passiert es, dass Tumoren anderer Organe (Eierstöcke, Magen, Dickdarm) Metastasen bilden.
Interessante Fakten zum PIPAC-Verfahren
- Die verwendete Düse ist eine technische Weiterentwicklung einer Dieseleinspritzpumpe aus dem Automobilbau.
- Der Druck, unter dem die Tröpfchen erzeugt werden, beträgt 14 bar (zum Vergleich: Ein Autoreifen wird mit 2,2-2,5 bar aufgepumpt).
- Es wird nur 10% des Wirkstoffs benötigt, der bei der herkömmlichen Chemotherapie verabreicht wird.
- Das Bauchfellzentrum Dortmund beteiligt sich mit seinen nationalen und internationalen Kooperationen aktiv an der klinischen und experimentellen Erforschung und Weiterentwicklung neuer Therapieverfahren beim Bauchfellkrebs.
KlinikumLive-Video: Bauchfellkrebs vom 08.01.2018
Bauchfellkrebs - Neue Behandlungsmöglichkeit verbessert Erfolge