Als Helen Björk Hildebrand zur Welt kam, ahnten ihre Eltern nicht, dass ihre Tochter die Stimme der Mutter oder das Vogelgezwitscher draußen nicht hören konnte. Bis das Neugeborenen-Screening Auffälligkeiten zeigte. Ärzte diagnostizierten eine angeborene an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Heute, neun Jahre später, führt Helen ein Leben voller Stimmen und Klänge – dank eines Cochlea-Implantats (CI). Helen wurde im Alter von 18 und 21 Monaten operiert, um ihr das Hören zu ermöglichen. Die HNO-Klinik am Klinikum Dortmund unter Leitung von Prof. Dr. Claus Wittekindt, das einzige Cochlea-Zentrum in Dortmund, begleitete sie auf diesem Weg.
Eins von Tausend Babys kommt mit einer schweren Hörschädigung zur Welt. Die seit mehr als 20 Jahren eingesetzten Cochlea-Implantate sind kleine elektronische Wunderwerke, die den Hörsinn ersetzen können. Ein Teil dieses Systems wird vollständig in das Ohr einoperiert, der andere wird außen am Ohr ähnlich wie ein Hörgerät getragen. Während ein normales Hörgerät den Schall verstärkt, übernimmt das CI die Funktion des Innenohrs: Es wandelt den Schall in elektrische Impulse um, die direkt an den Hörnerv weitergeleitet werden. Dadurch ist je nach Krankengeschichte und abhängig vom Zeitpunkt der Ertaubung eine nahezu normale Hörwahrnehmung möglich. Ältere Kinder oder Erwachsene, die niemals gehört und somit auch nicht Sprechen gelernt haben, können das auch mit dem Ersatzteil nicht ausgleichen.
Training der neuen Sinneswahrnehmung
Kinder, die gehörlos oder hochgradig schwerhörig geboren werden, sollten daher so früh wie möglich mit einem CI versorgt werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. „Die frühe Diagnose und die intensive Betreuung nach der Implantation sind entscheidend für den Erfolg.“ Eine anatomische Besonderheit macht die frühe Operation möglich, wie Prof. Wittekindt erklärt: „Anatomisch ist der Ohrbereich bei Kindern bereits im ersten Lebensjahr so gut wie ausgewachsen, so dass genügend Platz für das Implantat vorhanden ist.“
Betroffene Kinder müssen das Hören und – wie andere Kinder auch – das Sprechen langsam lernen. Dabei werden die Familien im CI-Zentrum von der Phoniatrie/Pädaudiologie unterstützt. Die interdisziplinäre Einrichtung begleitet die Therapie und – in Zusammenarbeit mit Logopädie und Sprachtherapie – das Training der neuen Sinneswahrnehmung. Conny Brach, Leiterin der Abteilung: „Es ist toll, Patienten und Familien auf dem Weg des Hörens zu begleiten.“
Obwohl Helen mit ihrer Mutter inzwischen nur noch zwei Mal jährlich zur Kontrolle in die Audiometrie-Abteilung des Klinikums Dortmund kommt, kennt sie alle Spielzeuge und die Abläufe dort ganz genau. Aufmerksam verfolgt sie das Geschehen und absolviert die Tests. Von ihrer Behinderung ist dank des künstlichen Innenohrs nichts zu merken, bis auf die pinkfarbenen und mit Glitzerherzen besetzten Außenteil des CIs über beiden Ohren. Dieser Sound- oder Sprachprozessor wird durch einen Magneten festgehalten und kann daher leicht abgenommen werden.
Der Weg in die Welt der Klänge
Dank früher Förderung und gezieltem Hörtraining kann Helen wie jedes andere Kind an Gesprächen teilnehmen, Musik genießen und Vogelgezwitscher hören. Auf Nachfrage sagt sie ohne zu zögern: „Ich liebe meine Öhrchen“, was auch Mutter Jennifer strahlen lässt. „Ich bin unendlich dankbar, dass es diese Technologie gibt.“. Die Entscheidung für den Eingriff sei ihr dennoch extrem schwergefallen. Zumal nicht bei allen kleinen Patientinnen und Patienten das Ergebnis so hervorragend ausfällt wie bei Helen. „Jedes Kind ist anders, und selbst wenn alle gut mitwirken, kann man den Erfolg nicht vorhersagen“, weiß Sabine Imperiale, zuständig für die CI-Anpassung in der HNO-Klinik.
Die Mutter der kleinen Helen ist mittlerweile selbst Expertin in Sachen Cochlea-Implantat. Sie rät allen Eltern, Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen und sich mit ihnen auszutauschen. Das nehme viele Ängste und Unsicherheiten.
Das selbstbewusste kleine Mädchen beherrscht auch die Gebärdensprache, was im lauten Supermarkt oder bei Entfernung hilfreich sein kann. Doch im Alltag setzt sie voll auf ihre „Öhrchen“. Nur wenn ihre Mutter ausnahmsweise einmal etwas strenger mit ihr redet, dann schiebt sie den Soundprozessor leicht nach oben – und ist vorübergehend nicht erreichbar.