Mit großen Augen liegt der kleine Kiame (5) im Krankenhausbett, beide Beine sind eingegipst und in eine starre Haltung gezwungen. Spielzeugautos stehen auf dem Nachttisch, an seiner Seite sitzt Dr. Katrin Rosery, die Ärztin, die ihn operiert hat. Eltern und Geschwister sind weit weg in seiner Heimat Angola.
Der kleine Junge kam ohne Familienbegleitung nach Deutschland. Diese schwere Reise wird ihm später ein normales Leben ermöglichen. Denn dank des Engagements von Friedensdorf International und dem Klinikum Dortmund konnte Kiames schwere Hüftfehlbildung korrigiert werden. In seiner Heimat Angola wäre eine solch komplexe Operation nicht möglich gewesen. Dort wäre sein rechtes Bein dauerhaft stark verkürzt geblieben, und er hätte niemals richtig laufen können.
Über Friedensdorf International kam der tapfere Kiame Anfang Mai zusammen mit 73 anderen Kindern nach Deutschland. Am 7. August wurde er erfolgreich im Klinikum Dortmund operiert. Dr. Katrin Rosery, Oberärztin für Kinder- und Jugendorthopädie, korrigierte die angeborene Hüftgelenksluxation, indem sie das deformierte Gelenk mit einem Knochenkeil aus dem Oberschenkel rekonstruierte und den Hüftkopf in die Gelenkpfanne einsetzte. „Dadurch konnte das zuvor nur im Ansatz vorhandene Hüftgelenk wiederhergestellt werden", erläutert Dr. Rosery.
Nun muss Kiame insgesamt acht Wochen lang in einem Beckenbeingips liegen. Nach der Gipsabnahme Anfang Oktober wird er dann endlich selbstständig Laufen lernen – wenn alles gut verheilt ist, mit einem Hüftgelenk, das keine Schmerzen mehr bereitet, und mit zwei nahezu gleich langen Beinen. Zuvor musste er stark hinken, da ein Bein fünf Zentimeter kürzer war.
Der fest eingegipste Kiame beschwert sich nicht. So jung er auch ist, scheint er doch zu verstehen, dass die Strapazen zu seinem Besten sind. Das ist bei den anderen Kindern im Friedensdorf Dinslaken ähnlich, die alle kostenlos in verschiedenen Kliniken behandelt werden. „Für diese Kinder ist das oft die einzige Möglichkeit, gesund zu werden", sagt Friedensdorf-Mitarbeiter Jens Große-Weischede. „Die Eltern sind unglaublich dankbar, und das überträgt sich auf die Kinder." Im Friedensdorf unterstützten sich alle gegenseitig und es werde viel gelacht und gespielt. „Viele Kinder erleben hier zum ersten Mal in ihrem Leben regelmäßige Mahlzeiten.“ Das gilt auch für den eher ruhigen Kiame, der am liebsten mit den Spielzeugautos spielt. Einige davon hat er mit ins Krankenhaus genommen.
Der Fünfjährige wurde von der angolanische Partnerorganisation Kimbo Liombembwa für das Friedensdorf-Projekt vorgestellt. Er lebt mit seinen Eltern und drei Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen in der Hauptstadt Luanda. Bisher hatte er keine medizinische Behandlung erhalten, da angeborene oder erworbene Fehlstellungen in Angola in der Regel nicht behandelt werden und den Krankenhäusern dafür sowohl das Wissen als auch die Mittel fehlen. Die wenigen wohlhabenden Familien des Landes suchen medizinische Versorgung im Ausland. „Für Kiame hätte dort absolut keine Chance auf Hilfe bestanden", erklärt Jens Große-Weischede. In Deutschland arbeiten alle Projektbeteiligten daran, ihn und all die anderen Kinder medizinisch bestens zu versorgen und ihnen die Zeit fernab von Zuhause so leicht wie möglich zu machen.