Anti-Schwerkraft-Laufband hilft Patienten schneller auf die Beine
In der <link>Unfallklinik des Klinikums Dortmund können Patienten jetzt den „Moonwalk“ machen, sich also nahezu schwerelos bewegen. Seit wenigen Tagen haben die Physiotherapeuten ein „Anti-Schwerkraft-Laufband“ im Einsatz, mit dem Patienten bereits unmittelbar nach einer OP ihre Gelenke und Muskeln fein abgestimmt auf ihre jeweilige Belastungsgrenze trainieren können. Ursprünglich wurde dieses Spezial-Gerät für die NASA entwickelt, um Astronauten auf das Weltall vorzubereiten. Auch Bundesligavereine nutzen die Technik, damit Sportler nach Verletzungen schnell wieder einsatzfähig sind. Das Klinikum Dortmund ist nun die erste Akutklinik im Ruhrgebiet, in der Patienten mit Bein- und Fußverletzungen auf diese innovative Weise unmittelbar nach Operationen ihr gewohntes Laufmuster nicht verlernen und so schneller wieder auf die Beine kommen.
Die Patienten ziehen dazu eine spezielle Hose über und steigen bis zur Hüfte in ein großes Luftkissen, in dem sich das Laufband befindet. Das obere Bündchen der Hose wird luftdicht mit dem Kissen verschlossen. Dann ermittelt das Laufband das Gewicht des Patienten und befüllt das Kissen abgestimmt auf das jeweilige Trainingsziel mit Luft. So entsteht ein Druck, der je nach Bedarf bis zu 80 Prozent des Körpergewichts tragen kann und damit einen Patienten beim Gehen oder Laufen optimal entlastet.
Der Patient kann zudem seine Schritte und Abrollbewegungen der Füße auf dem Laufband über Kameras kontrollieren. Sogar Steigungen, Gefälle oder eine geänderte Laufrichtung können auf dem Band trainiert werden. „Die Patienten können das Gerät bei uns direkt nach der Operation nutzen. Das heißt, sie müssen nicht wochenlang darauf warten, bis die Wunde vollständig verheilt ist und sie in die Rehabilitation überwiesen werden, um das Laufen zu trainieren“, erklärt Dr. Jens-Peter Stahl, Klinikdirektor der Klinik für <link>Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie.
Patienten profitieren vom „Moonwalk“
Eine der ersten, die mit dem Band trainieren dürfen, ist Angelika Bramann. Die heute 56-Jährige verunglückte an ihrem letzten Urlaubstag mit dem Motorrad. Sie befand sich auf der Rückreise von den Dolomiten und war nur noch knapp 20 Kilometer vor ihrer Heimat Holzwickede entfernt, als ein Autofahrer ihren Sporttourer übersah. Schwerverletzt wurde Bramann ins Klinikum Dortmund eingeliefert. Offene Unterschenkelfraktur, Schlüsselbeinfraktur, Schulterblattfraktur, Rippenfrakturen und Blutungen in der Lunge – es folgten mehrere Monate auf der Intensivstation. Aber auch gerade erst operierte Patienten profitieren in der Unfallklinik bereits früh von dem „Moonwalk“.
Angeleitet von ihrer Physiotherapeutin Sabine Thalmann trainiert sie jetzt auf dem Laufband und spürt erste Erfolge. Über einen Monitor und die Kameras erhält die Patientin unmittelbar Feedback zu ihrer Gangart und kann sie entsprechend korrigieren. „Durch das Kamerasystem fällt es den Patienten leichter, die Hinweise des Therapeuten umsetzen“, so Sabine Thalmann.
Anpassbar an Belastungsbedingungen
Die Vorteile sind deutlich: Ein Patient gewinnt durch das Training an Stabilität und kann bei der Behandlung nicht umfallen; deshalb eignet sich das Laufband auch für ältere Patienten. Das Training sichert zudem eine bessere Koordination und ein schnelleres Laufen als Wasser-Gymnastik, wo der Wasserwiderstand beim Gehen überwunden werden muss. Ein physiologisches Gehen ist im Wasser damit nicht möglich, auch sollten Wunden für das Üben im Wasser bereits vollständig abgeheilt sein. Im Gegensatz zu anderen Formen des gewichtsentlastenden Laufens kann das Laufband genau an die erforderlichen Belastungsbedingungen des Patienten angepasst werden. Nicht geeignet ist das Laufband nur für stark über- oder untergewichtige Patienten, Menschen mit einer überdurchschnittlichen Körpergröße sowie bei Herz- oder Thrombosepatienten.
Das Klinikum Dortmund hat das Anti-Schwerkraft-Laufband im Wert von ca. 50.000 Euro angeschafft. Aktuell wird die Therapie bereits von einigen Kostenträgern, Krankenversicherung und Beihilfe, übernommen. Auch das Reha-Management der gesetzlichen Unfallversicherungsträger ist sehr interessiert an dem innovativen Ansatz der Frührehabilitation nach Verletzungen und einige Berufsgenossenschaften bewilligen bereits dessen Einsatz. Für alle anderen Patienten stellt sie bisher noch eine Selbstzahler-Leistung dar. „Sicherlich werden weitere Krankenkassen nachziehen, denn die Behandlung ist medizinisch absolut sinnvoll und unsere Patienten sind begeistert“, bestätigt Dr. Jens-Peter Stahl. Frau Bramann nutzt das Gerät drei Mal wöchentlich und bemerkt schon nach zwei Wochen eine positive Wirkung – auch für die Psyche: „Es ist unheimlich motivierend, endlich wieder Dinge zu tun, die ich vorher nicht mehr konnte“.
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