Nächtlicher Notfall in Soest: Bei einem 67-jährigen Mann hängt plötzlich der rechte Arm wie leblos am Körper, er kann nicht richtig sprechen und sein Mundwinkel zieht nach unten. Angehörige schalten schnell und wählen den Notruf. Der Patient landet schließlich im Klinikum Dortmund.
Dort führt die von Prof. Dr. Stefan Rohde geleitete Klinik für Radiologie und Neuroradiologie seit mehr als zehn Jahren sogenannte Thrombektomien bei Schlaganfällen durch. Weit mehr als 300 solcher Notfalleingriffe fallen jährlich an, überdurchschnittlich viele davon am Wochenende und nachts. Die Patientinnen und Patienten kommen aus der gesamten Region bis hin zum Sauerland und Lipperland. Denn das Klinikum Dortmund ist das einzige Krankenhaus im weiten Umfeld, das die interventionelle Schlaganfallbehandlung rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche anbietet.
„Im nationalen Vergleich gehören wir damit zu den größten Zentren. Die Versorgung der Stadt und der Region bedeutet aber auch einen sehr hohen personellen und technischen Aufwand, der das Team sehr belastet“, so Prof. Rohde, der dieses Jahr zum Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie gewählt wurde. „Viele Schlaganfallpatienten werden uns aus kleineren Krankenhäuser mit einer Stroke-Unit notfallmäßig zugewiesen, oft mitten in der Nacht oder am Wochenende. Dann muss sofort ein interdisziplinäres Team aus Neurologen, Anästhesisten und interventionellen Radiologen mit technischen Assistenten und Assistentinnen bereitstehen.“
Gerinnsel wird mit einem feinem Katheter aufgespürt
So kommt auch der 67-jährige Patient aus Soest letztlich ins Klinikum Dortmund, nachdem man im heimischen Krankenhaus einen Großgefäßverschluss festgestellt hatte. Neurologie, Radiologie und Anästhesie in Dortmund werden informiert, der Eingriffsraum entsprechend vorbereitet, um keine Zeit zu verlieren. Mit einem feinen über die Leiste eingeführten Katheter wird das verschlossene Gefäß erreicht und das Blutgerinnsel entfernt. Mittels Angiografie kann der Blutfluss im Gehirn dargestellt und so der Verschluss aufgespürt werden. Diese minimal-invasive Technik ermöglicht eine sichere Intervention mit dem Ziel, den unterversorgten Hirnbereich möglichst schnell wieder an die Versorgung anzubinden. Dank dieser seit etwa zehn Jahren etablierten Methode kann knapp die Hälfte der Betroffenen einen Schlaganfall ohne oder mit nur leichten Einschränkungen überstehen.
So auch der 67-jährige Soester, der nach dem minimal-invasiven Eingriff auf die sogenannte Stroke-Unit (Schlaganfall-Spezialstation) kommt, wo er von Neurologinnen und Neurologen weiterbetreut wird. Nach drei bis vier Tagen kann der Patient bereits wieder zurückverlegt werden. Schwere Schäden bleiben ihm erspart, weil die entsprechenden Hirnbereiche dank des Eingriffs wieder schnell genug durchblutet wurden.
Für die gezielte Behandlung von Schlaganfallpatienten steht am KlinikumDO ein Team von erfahrenen Ärztinnen und -ärzten rund um die Uhr zur Verfügung. Radiologen und Neurologen arbeiten für diesen Eingriff eng mit der Anästhesie und MTRs zusammen. Alles muss möglichst Hand in Hand gehen, weil das Zeitfenster, in dem schwere Folgeerscheinungen des Schlaganfalls verhindert werden können, nicht sehr groß ist.
Überlebenschancen bei Schlaganfall deutlich erhöht
Durch ihre spezialisierten Fähigkeiten und den Einsatz modernster Technik sind Radiologinnen und Radiologen in der Lage, Schlaganfälle nicht nur zu diagnostizieren, sondern auch aktiv und unmittelbar lebensrettende Maßnahmen einzuleiten. Die interventionelle Radiologie hat die Behandlungsmöglichkeiten bei Schlaganfällen revolutioniert und die Überlebenschancen sowie die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessert.
Das aus Neurologie, Neurochirurgie und Neuroradiologie gebildete Neurozentrum des Klinikums ist seit 2021 von der Deutschen Schlaganfallgesellschaft als koordinierendes Zentrum des Neurovaskulären Netzwerks Ruhr-Ost zertifiziert. Die Behandlung von akuten Schlaganfall-Patientinnen und -patienten ist dort ein besonderer Schwerpunkt. Alle modernen Bildgebungsverfahren und innovative Behandlungstechniken kommen zum Einsatz. Im gesamten Ruhrgebiet sind nur vier solcher Zentren angesiedelt. Für die akut- und intensivmedizinische Betreuungen stehen eine zertifizierte Stroke-Unit, insgesamt 26 Intensivbetten und rund 110 Akutbetten bereit.